Entwicklungen in der Erlebnispädagogik

Entwicklungen in der Erlebnispädagogik

Progressive Erlebnispädagogik:
Moderne Entwicklungen und Umsetzung

Der Verein STI setzt sich seit Jahrzehnten mit Erlebnispädagogik im Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen auseinander. Angesichts neuer Erkenntnisse, insbesondere im Bereich der traumasensiblen Arbeit, entwickeln wir unsere Methoden stetig weiter. Unser Ansatz, die „Progressive Erlebnispädagogik“, verbindet strategische Planung mit traumasensiblen Interventionen und ressourcenorientiertem Arbeiten.

Traumasensible Erlebnispädagogik:
Sicherheit und Vertrauen im Fokus

Viele unserer Klienten sind von Traumata betroffen. Das klassische Drei-Zonen-Modell (Wohlfühl-, Lern- und Gefahrenzone) zeigt hier Besonderheiten: Der Wohlfühlbereich ist oft nur schwach ausgeprägt, während die Gefahrenzone schnell erreicht wird. Ein Verweilen in der Lernzone ist daher meist nur kurz möglich.

Um traumasensibel arbeiten zu können, schaffen wir im Vorfeld der Projekte ein hohes Maß an Sicherheit und Vertrauen.
Dazu gehören

  • Sichere Orte: Etablierung von Ritualen und Gewohnheiten sowie der Aufbau tragfähiger Beziehungen zu den Betreuern.
  • Partizipation und Transparenz: Aktive Einbindung der Teilnehmer in die Planung und offene Kommunikation. Überraschungen, die bei traumatisierten Personen leicht zu Überforderung führen können, werden vermieden.
  • Ressourcenorientierung: Evaluation und Einbindung vorhandener Fähigkeiten und Ressourcen (u.a. mithilfe des SEN).
  • Gemeinsame Zielentwicklung: Erarbeitung der Ziele in Gesprächen mit den Teilnehmern, z.B. mithilfe des Drei-Häuser-Modells (Was begleitet uns, was lassen wir zurück, was erwartet uns am Ziel?).
  • Vorbereitende Interventionen: Durchführung kleinerer Interventionen im Vorfeld, um das Vertrauen in die Betreuer zu stärken.

Diese Ansätze aus Traumapädagogik, Lösungsorientierung, Ressourcenorientierung und SEN bilden die Grundlage unserer Progressiven Erlebnispädagogik.

Im Sommer 2022 begaben sich acht Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren auf den Jakobsweg in Portugal. Die pädagogische Arbeit begann bereits im Frühjahr mit der aktiven Einbindung der Jugendlichen in die Planung. Dabei wurden Ängste, z.B. bezüglich der Anreise (Flugangst), thematisiert.

Die Wahl des Mediums „Weitwandern“ passte gut zu den Vorerfahrungen vieler Teilnehmer. Die 160 km lange Strecke wurde in kurze Etappen unterteilt und großzügige Pausen eingeplant, um Überforderung zu vermeiden. Die Jugendlichen setzten sich kontinuierlich mit dem Weg, der Ausrüstung, den Betreuern und den Zielen auseinander.

Ein besonderer Aspekt war der Umgang mit Mobiltelefonen und Internet. In Absprache mit den Jugendlichen wurden Regeln für eine eigenverantwortliche Nutzung erarbeitet. Die Geräte wurden zudem in Tagesaufgaben integriert (z.B. Fotos sammeln, Wegfindung, Unterkunftssuche). Dieser Ansatz berücksichtigt, dass Handys und Tablets für viele junge Menschen wichtige Rückzugsorte und Medien zur Kontaktpflege sind. Eine zu starke Einschränkung oder ein Verbot erschien uns aus traumasensibler Sicht kontraproduktiv.

Während des Wanderns nutzten wir Metaphern aus der Natur (z.B. Gegenwind, Wellen des Atlantiks) für die Reflexionsrunden. Die meditative Wirkung des Weges und die Fokussierung auf jeden Schritt boten eine gute Ablenkung von der virtuellen Welt. Die akute Waldbrandgefahr ermöglichte die Bearbeitung von Themen wie Achtsamkeit. Durch die Reflexionen wurden die Zusammenhänge zwischen eigenem Verhalten und den Reaktionen des Umfelds deutlich.

Um nach anstrengenden Etappen oder Situationen eine positive Grundstimmung zu erhalten, planten wir bewusst Zeiten für Spaß und Entspannung ein (z.B. Pausen am Meer). Dies diente nicht nur dem Ausgleich, sondern förderte auch den Beziehungsaufbau.

Die Sommer-Erlebnispädagogik 2022 war ein voller Erfolg und bestätigte unsere Ansätze einer modernen, traumasensiblen und progressiven Erlebnispädagogik. Wir werden unsere Arbeit auch zukünftig stetig weiterentwickeln.